Vereinsreise zum AOT - Arosa
Am 5. Juli 2025 reisten wir morgens mit der SBB und der Rhätischen Bahn nach Arosa.
Mit der Weisshornbahn ging es dann direkt zur Mittelstation zum Mittagessen ins Bergrestaurant Brüggastube.
Frisch gestärkt, nahmen wir die 30 Gehminuten zum Astrophysikalischen Observatorium Tschuggen - Arosa (kurz AOT) in Angriff.
Geführt wurden wir exklusiv vom Tschuggenchef Pierre Uhl (pierre@observatorium-arosa.ch)
und Franco Joos (franco.joos@astronomie-gr.ch), dem Präsident der Astronomischen Gesellschaft Graubünden.
Aufgrund der unsicheren Wetterlage konzentrierte sich die Führung zu Beginn auf die Besichtigung der Instrumente.
Der Kern-Koronagraph wurde 1938 von der Firma Kern & Co Aarau gebaut, hat eine Öffnung von 120mm und eine Brennweite von 1500mm. Am Kern-Koronagraph ist ein Spektroskop von Carl Zeiss aus Jena angesetzt. Dies zerlegt das Licht mit einem Dispersionsprima, das mit einem schwenkbaren Tubus betrachtet werden kann. Man untersucht damit das Spektrum der Sonnenkorona.
Ursprünglich sass der Kern-Koronograph auf anderen Montierung. Rechts eine historische Aufnahme der Kern-Koronagraphen auf seiner ursprünglichen Montierung.
Das Instrument ging nach Schliessung der Sternwarte für 40 Jahre verloren, bis es 2020 im Internet zum Verkauf angeboten wurde. Die bewegte Geschichte kann auf der Webseite der Sternwarte Nachgelesen werden:
https://www.aot-arosa.ch/geschichte/die_fruehen_jahre https://www.aot-arosa.ch/geschichte/die_restaurierung
Der Zeiss-Koronagraph besitzt eine Oeffnung von 200mm und eine mittlere Brennweite von 2250mm. Im Geradeausfokus ist ein Eisenfilter angebracht, der die grüne Eisenlinie bei 530,28nm herausfiltert und an den eine Kamera angeschlossen werden kann.
Parallel zum Koronagraphen ist das Spektroskop angeordnet. Es erzeugt das Spektrum mit einem Reflexionsgitter in Littrowanordnung hinter einem achromatischen Objektiv mit 1500mm Brennweite.
1965 wurde von Carl Zeiss Oberkochen ein grösserer Koronagraph mit Littrowspektroskop in die grosse Kuppel eingebaut und der bestehende Kern huckepack daraufgesetzt. Prof. Waldmeier hat das neue Instrument selbst nie genutzt, er bevorzugte weiterhin den Kern-Koronagraphen und hat das neue Instrument vorwiegend wegen der Montierung angeschafft.
Die Sekundenpendeluhr zur genauen Zeitmessung wurde über das akustische Zeitsignal vom Mittelwellensender Beromünster von Prof. Waldmeier eingestellt.
Seine Tochter berichtet, das jeweils um 12:25 Uhr das Radio eingeschaltet wurde und alle mucksmäuschenstill sein mussten, um das Zeitzeichen, das täglich von der Uhr in Neuenburg um genau 12:30 Uhr gesendet wurde, abzuwarten.
Der lange Gang beherbergt den Coelostaten, der mit zwei Spiegeln das Sonnenlicht einfängt und auf 3 Geräte lenkt. Glücklicherweise war Petrus immer wieder so gnädig die Sonne an den Wolken vorbeizuleiten.
In Linksstellung steht ein Lyot-Filter, der das H-alpha-Licht der Sonne mit einer Bandbriete von 0,25 Ångstroem passieren lässt. Dort kann das Bild durch ein Okular betrachtet werden und ermöglicht einen spannenden Blick auf die Protuberanzen in der Sonnenatmosphäre.
In Rechtsstellung fällt das Licht durch eine Projektionsanordnung aus Zeiss-Objektiv und -Okular auf einen Schirm zur Zeichnung der Sonnenflecken.
In Geradeausstellung steht ein achromatische Objektiv der Firma Grubb Parsons mit 30m !!! Brennweite. Dieses fokussiert das Sonnenbild durch den langen Gang auf den Spalt des anschliessenden Littrow-Spektrographen.
Hinter dem Instrument befindet sich ein weiterer 12m langer Gang der über Spiegel das aufgespaltene Licht für Besucher auf einen aufgeklebten, weissen Streifen, sowie auf wissenschaftliche Instrumente und ein Okular ablenkt.
Nun konnte in Ruhe die Geschichte der Sternwarte erzählt werden, welche die erstaunlichen Zufälle, die Restaurierung überhaupt erst ermöglichten, aber auch die skurrile Verbindungen zum Gigi von Arosa offenbarten.
In der kleinen Kuppel befindet sich ein 150mm Achomat mit 1950mm Brennweite in Coudé-Bauweise, der bei unserem Besuch nicht in Betrieb war. Er war zur Zählung der Sonnenflecken eingesetzt worden und wurde danach an die Sempersternwarte in Zürich gebracht. Seit Herbst 2023 steht dieser Zeiss-Coudé wieder in der kleinen Kuppel des AOT.
Nochmals hier an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Franco Joos und Pierre Uhl für die einzigartige, hoch interessante und unterhaltsame Führung.